Wie Pferde die menschliche Persönlichkeit spiegeln. Im Coaching lassen sich die besonderen Fähigkeiten der vierbeinigen Co-Trainer optimal einsetzen – wissenschaftlich nachgewiesen.

 

Pferde begleiten seit jeher Menschen in verschiedenen Bereichen, wobei sich die Interaktion zwischen ihnen im Laufe der Zeit deutlich verändert hat. Heute sind Pferde weniger Nutztiere, sondern viel mehr Freizeit- und Sportpartner sowie Co-Trainer im therapeutischen Reiten, in der Psychotherapie und im pferdegestützten Coaching. Welche positiven Effekte Pferde aus wissenschaftlicher Sicht auf Menschen haben können, welche Fähigkeiten sie in der Interaktion haben und wie sie im Coaching eingesetzt werden, erfahren Sie nachfolgend.

Wie Pferde auf Menschen reagieren und diese „lesen“ können, wurde bislang wenig erforscht. Was bereits im Jahr 2016 von Proops und Kollegen gezeigt werden konnte, ist, dass Pferde bei Menschen zwischen glücklichen und bösen menschlichen Gesichtern unterscheiden und auf diese reagieren können. In einer Folgestudie (Smith et al., 2018) ging es um die soziale Intelligenz von Pferden, wobei die Tiere menschliche Gesichter auf Bildern sahen, die entweder freundlich oder böse schauten. Einige Stunden später trafen sie auf die „echten“ Personen, die wiederum nicht wussten, ob die Pferde von ihnen jeweils ein freundliches oder böses Gesicht gesehen hatten. Die Pferde konnten sich auch nach drei bis sechs Stunden noch an die Gesichter erinnern und reagierten entsprechend auf die Personen (die instruiert waren, bei der Begegnung mit den Pferden neutral zu schauen).

Diese Studien liefern wichtige Erkenntnisse, wozu Pferde in der Kommunikation mit Menschen in der Lage sind. Trotz der ansonsten sehr schwachen Forschungslage zur Wirkung von Pferden auf Menschen in Interventionen werden sie seit Jahrzehnten im therapeutischen Kontext eingesetzt, wo man aus Erfahrung weiß, dass sie eine besonders positive Wirkung auf Menschen haben. Pferde sowie weitere Tierarten können Emotionen hervorrufen, den menschlichen Stress senken und ein nachhaltiges Lernen fördern (siehe auch Greiffenhagen & Buck-Werner, 2007). Erklären kann man die Sensibilität der Tiere damit, dass sie Flucht- und Beutetiere sind und – auch wenn sie in sicheren Ställen und auf geschützten Weideflächen stehen – höchst aufmerksam auf ihr Umfeld reagieren. Weiterhin prüfen sie die Kompetenzen des Führenden, was auch im Coachingkontext genutzt wird.

Im pferdegestützten Coaching macht man sich diese besonderen Fähigkeiten der Tiere zunutze, wobei sie beispielsweise auch bei Themen wie der Selbst- und Fremdwahrnehmung, einem souveränen Auftreten, dem klaren Kommunizieren oder der Stärkung des Vertrauens sowie der Selbstwirksamkeitserwartung (Schütz & Steinhoff, 2019) unterstützend wirken können. Auch der eigene Führungsstil oder typische Verhaltensweisen der Personen innerhalb eines Teams werden mit Hilfe der Pferde gespiegelt und weiter entwickelt. Die Settings reichen hier von Einzelcoachings, über Team- und Gruppencoachings bis hin zu Coachings für spezielle Zielgruppen (Paare, Kinder, Jugendliche) bzw. Berufsgruppen (Ärzte, Sozialarbeiter, Vertriebsmitarbeiter, Geschäftsführer), bei denen spezifische Themen fokussiert werden.

In den Übungen mit den Pferden benötigen die Teilnehmenden keinerlei Pferdeerfahrung und es wird auch nicht geritten. Die Pferde werden geführt, wobei sie sensibel auf ihr Gegenüber reagieren und beispielsweise bei Unsicherheit der Person stehen bleiben oder eigenständig die Richtung wechseln. Auf positive Handlungen des Menschen (z.B. Streicheln des Pferdes) reagieren sie beispielsweise, indem sie die Augen schließen oder zufrieden abschnauben. In den Übungen führt man ein Pferd u.a. im Slalom um Pylonen herum oder über eine Plastikplane. Dabei muss das Pferd gut und klar navigiert werden, damit alle Pylonen umrundet werden, d.h. die Linie gehalten wird, ohne dass eine Pylone umgeworfen wird. Bei der raschelnden Plane gilt es, das Vertrauen des Pferdes zu gewinnen und Sicherheit auszustrahlen, damit diese überquert wird. Die Pferde reagieren dabei übrigens individuell auf die jeweilige Person, auch wenn sie die Übungen natürlich aus zahlreichen der vorherigen Coachings kennen und eigentlich wissen, worum es geht. Das konnten wir bereits in einer Studie, in der über 600 Pferd-Mensch-Interaktionen in identischen Settings untersucht wurden, wissenschaftlich nachweisen (Schütz, Rötters & Oebel, 2018).

In den Übungen zeigt sich, wie klar und verständlich die Person kommuniziert, wie flexibel sie reagiert und neue Lösungswege einschlägt, wenn es mal nicht funktioniert und das alles mit dem richtigen Maß an Druck und Nachgeben. In der nachfolgenden Reflexion mit dem Coach schätzen sich die Personen selbst ein und transferieren das Erlebte auf Alltagssituationen (welche Verhaltensmuster sind bekannt, welche neuen Dinge hat die Person über sich erfahren). Die Übungen werden gefilmt und analysiert. Hier wird der Unterschied zwischen der Selbst- und Fremdeinschätzung deutlich. Hat sich eine Person in der Übung eher unsicher gefühlt, kann in der Videoanalyse von außen betrachtet werden, wie das Pferd reagiert hat. Vielleicht fühlte sich die Person aufgeregt und unsicher, konnte aber dennoch so viel Sicherheit ausstrahlen, dass das Pferd bereitwillig gefolgt ist und wirkte nach außen souveräner als gedacht. Nachfolgend können positive Affirmationen (Glaubenssätze) erarbeitet werden, sodass das Coaching ressourcenorientiert bestimmte Verhaltensmuster erweitern kann. http://www.pferdecoaching-eifel.de

 

Kernaussage

Pferdecoaching steht für die Interaktion zwischen Mensch, Pferd und eigener Persönlichkeit, wobei unbewusst ablaufende Prozesse fühlbar und sichtbar werden. Spannende Erfahrungen und Erlebnisse hinterlassen einen stärkeren Eindruck als das alleinige Aneignen von trockener Theorie. Pferde eignen sich besonders gut als Co-Trainer, da sie immer im Hier und Jetzt leben und menschliches Verhalten wertfrei als direkte Reaktion auf freundliche Art und Weise widerspiegeln.