Wie bei jeder risikoreicheren Anlage gibt es keine Garantien, dass die angestrebten Renditen auch erreicht werden. Das ist der Grund, weshalb wir evidenzbasiertes Investieren empfehlen. Wenn Ihre Strategie auf einer rationalen Methodik aufbaut, hilft Ihnen das, klare Ziele zu definieren und anschließend Kurs zu halten. Das gilt besonders dann, wenn Sie Gefahr laufen, dass Ihre emotionalen oder intuitiven Reaktionen die Kontrolle über Sie übernehmen. Was also umfasst evidenzbasiertes Investieren?

 

Marktrendite-Faktoren: Das Wesen des evidenzbasierten Investieren

Seit den 1950er Jahren wurden die Finanzmärkte von den bedeutendsten Wissenschaftlern untersucht, um Antworten auf wichtige Fragen zu finden, wie beispielsweise:

  • Wie entstehen Renditen?
  • Welche Renditeprämien sind sowohl über die Zeit, als auch auf der ganzen Welt bei unterschiedlichsten Marktbedingungen beständig nachweisbar?
  • Wie funktionieren sie?
  • Weshalb sind besondere Faktorrenditen vorhanden oder welche sind zumindest die wahrscheinlichsten Ursachen?

Finanzwissenschaftler im Vergleich zu Finanzprofis

Aufbauend auf diesem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Forschung haben Fondsgesellschaten und andere Finanzprofis eine ebenso wichtige Aufgabe, nämlich die Relevanz für die Praxis nachzuweisen. Selbst wenn in der Theorie eine relativ zuverlässige Zusatzrendite existiert, ist noch nachzuweisen, inwieweit sich diese in der realen Welt auch nach den damit verbundenen Umsetzungs- und Handelskosten in eine spürbare Renditeprämie umwandeln lässt?

Wie in jeder wissenschaftlichen Disziplin, von den Finanzen bis zur Medizin und zur Quantenphysik, liegt es im Interesse der Wissenschaft, all ihre Möglichkeiten zu entdecken. Herauszufinden, was wir mit diesem Wissen anfangen können, liegt wiederum im Interesse der Anwender. Dies ist auch der Grund, weshalb es wichtig ist, die Rollen von Finanzwissenschaftlern und Finanzprofis getrennt zu betrachten.

Die Präzision wissenschaftlicher Untersuchungen

In der Wissenschaft verlangt die präzise Forschung weitaus mehr als willkürliche Stichproben oder einige Tabellenkalkulationen. Gefordert wird in der Regel:

  • Eine unvoreingenommene Perspektive, das heißt anstatt mit einer zu beweisenden Annahme zu beginnen und dann herauszufinden, wie sie bewiesen werden kann, wird eine wissenschaftliche Untersuchung idealerweise ohne eine Vorstellung vom Ergebnis begonnen, mit Ausnahme der Idee, faszinierende Phänomene zu erforschen und die Forschungsergebnisse in einem Bericht zusammenzufassen.
  • Stabile Datenanalyse, was bedeutet, dass die Analyse keine Schwachstellen enthalten darf, wie beispielsweise:
    • Unseriöse Daten, das heißt zu kurzfristige oder zu kleine Stichproben, um signifikant sein zu können.
    • Survivorship-Bias (dt.Überlebensirrtum), bei dem zum Beispiel die Renditen von Fonds, die – in der Regel aufgrund schlechter Ergebnisse – während des Betrachtungszeitraums abgewickelt oder geschlossen wurden, von der Untersuchung ausgeschlossen werden.
    • Äpfel mit Birnen vergleichen, wenn bei Anlageprodukten für die Bewertung von Erfolg oder Misserfolg einer Fondsstrategie der falsche Vergleichsindex herangezogen wird.
    • Unzureichende Nutzung höherer Mathematik wie beispielsweise die Multiple Regressionsanalyse, die dabei hilft, die kritischen Faktoren aus einer ansonsten verwirrenden Mischung an Möglichkeiten herauszufiltern.
  • Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen müssen durch den Autor und andere in mehreren, vergleichbaren Umgebungen wiederholbar und reproduzierbar sein. Das stärkt die Zuverlässigkeit der Ergebnisse und hilft sicherzustellen, dass sie nicht nur auf Zufall beruhen.
  • Der Peer Review ist der letzte, aber ebenso wichtige Punkt ist. Wissenschaftler veröffentlichen ihre detaillierten Ergebnisse und die Methodik in der Regel in einer geeigneten wissenschaftlichen Zeitschrift, damit Kollegen mit ähnlichem Hintergrund diese Arbeit begutachten und die Stichhaltigkeit der Ergebnisse bestätigen oder gegebenenfalls widerlegen können.

Kernaussage

Wie in jedem gesunden wissenschaftlichen Umfeld sind diejenigen, die zur lebhaften Untersuchung über die Entstehung von Marktrenditen beitragen, selten einer Meinung. Dennoch bietet der evidenzbasierte Ansatz, wenn er durch stichhaltige Methoden und glaubwürdigen Konsens untermauert wird, die beste Möglichkeit, die richtigen Zusammenhänge zu erkennen und fehlerhafte Schlussfolgerungen zu vermeiden. Wie in jeder anderen Disziplin gilt auch für die Finanzwissenschaften, dass diese immer das Fundament für eine nachhaltig erfolgreiche Anlagestrategie bilden. Anlagestrategien die ohne dieses Fundament auskommen fallen langfristig  in der Regel hinter den in sie gesetzten Erwartungen zurück.

Nikolaus Reeder

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