Haben Sie schon einmal von der SPIVA® Scorecard gehört? Dieser von den S&P Dow Jones Indizes LLC veröffentlichte Bericht gibt Auskunft über die Performance von aktiven und Index-Investitionen. Er hat den Vergleich mit der Schlacht bei Waterloo am 18.06.1815 verdient, bei der Napoleon Bonaparte von dem preußischen General von Blücher und dem britischen General Wellington vernichtend geschlagen wurde. 

 

So wie die Popgruppe ABBA es besang, sollte die aktive Fondsindustrie im übertragenen Sinne eingestehen: „Hey Indexfonds, ihr habt den Krieg gewonnen“. Diesen Bericht sollten Sie sich näher ansehen, wenn Sie noch aktiv investiert sind. Falls Sie schon indexorientiert unterwegs sein sollten, bestätigt die SPIVA® Scorecard Ihre Strategie eindrucksvoll und tut der Anlegerseele richtig gut. 

Erstaunen bleibt nach der Lektüre hinsichtlich der Tatsache zurück, dass trotz der Eindeutigkeit der Ergebnisse, aktives Management massiv nachgefragt wird. Gründe dafür liegen vermutlich in der öffentlichen Berichterstattung. Medien beleben ihr Anzeigengeschäft, in dem sie erfolgreiche Investmentmanager feiern. Auf der anderen Seite ist der Mensch offenbar ein irrationales Wesen. Die Verhaltensökonomik (Behavioral Finance) hat zur Erklärung dieser Phänomene kognitive Modelle des Entscheidungsprozesses entwickelt. Regelmäßige Leser unserer Seite wissen wie oft ich darauf hingewiesen habe, dass aktives Management normalerweise mehr kostet und weniger liefert, als der breite Markt den Anlegern bieten kann. Mit aktivem Management meine ich beispielsweise die meinungsbasierte Aktienauswahl, Market-Timing, Best-of-Auswahl und andere Taktiken, die darauf abzielen, die Marktrenditen zu übertreffen. Die neueste SPIVA® Scorecard  (https://us.spindices.com/spiva/#/reports) zeigt wieder mit erfreulich großer Klarheit, wie wahr diese Erkenntnis ist.

Zur Begrifflichkeit von „Aktiv vs. Passiv“ 

Lassen Sie uns zunächst die Begriffe klären . SPIVA steht für “S&P Indizes vs. Aktiv”. Will heißen: Sie misst und vergleicht die Ergebnisse von aktiven und passiven Index-Investitionen. Die SPIVA® Scorecard vergleicht seit 16 Jahren aktive Manager mit den Indexrenditen. Von aktivem Investieren reden wir beispielsweise, wenn jemand – sei es ein Investment-Guru oder Ihr Nachbar – mit einem heißen Aktien-Tipp verspricht, übergroße Renditen zu erzielen, indem er den Markt als Ganzes überlistet. Indizes sind Benchmarks oder Vergleichsmaßstäbe, die breite Marktrenditen widerspiegeln. Wenn Sie in einen Fonds investieren, der einen Index abbildet, wird darauf verzichtet die Zukunft vorherzusagen zu wollen. Sie besitzen einen regelbasierten Querschnitt eines Marktes und lassen die Marktkräfte frei walten. Entsprechend verdienen die Anleger die Erträge, die der Markt – dem der Index folgt – nach Abzug der Kosten liefert. Was sagt nun die SPIVA Scorcard konkret?

Vernichtende Zahlen für aktives Management 2018

Zur Veranschaulichung werfen wir einen Blick auf die jüngste SPIVA® Scorecard Europe. 2018 hätte ein guter Jahrgang für aktive Manager werden können. Nach einem guten Ergebnis für den größten Teil des Jahres 2018 hat ein Sturz in Q4 die meisten oder alle Ergebnisse des Jahres abrupt zunichte gemacht, zumindest vorübergehend. Ein großer Teil der aktiven Fonds in Europa lag unter ihrer Benchmark; dies fiel mit erheblichen Rückgängen an den globalen und europäischen Aktienmärkten zum Jahresende zusammen. Aktive Manager werben ihre Kunden meist mit dem Hinweis auf eigene Vergangenheitserfolge, solange sie da sind. Oder es wird die eigene Kompetenz beschworen. Eine dabei häufig anzutreffende These lautet: Während Indexanleger sich mit ihren bestehenden Plänen wie in einer Nußschlale dem „gefährlichen“ Markt und Naturgewalten ausliefern,  könnten aktive Manager ihnen helfen, es besser zu machen. Denn aktive Manger hätten ihr Ohr am Markt und sähen die Rückgänge kommen und sie könnten die Anleger durch rechtzeitigen Verkauf vor großen Einbrüchen besser bewahren. Obendrein gehen sie anschließend bei niedrigen Kursen wieder hinein, damit die Anleger den vorhergesehenen Aufschwung nicht verpassen, wenn er beginnt.

Mehr als 87 Prozent schlagen ihren Index nicht

Wir müssen konstatieren, dass diese These sich Ende 2018 – wie viele Male zuvor – wieder nicht bewahrheitet hat. Stattdessen stellte die SPIVA® Scorecard fest, dass mehr als 85 % der aktiven paneuropäischen Aktienmanager im Jahr 2018 den S&P Europe 350 unterschritten haben.  Soviel zu Ihrer Rettung oder Bewahrung der Anleger in unruhigen Zeiten. Aber vielleicht war 2018 für aktive Manager ungewöhnlich. Wie wäre es, wenn wir unseren Aktiv-Passiv-Vergleich auf 10 Jahre, von 2009 bis 2018 ausdehnen? Die Antwort gleich vorweg, die Zahlen sind noch klarer: Über den Zeithorizont von 10 Jahren konnte die Mehrheit der analysierten aktiven Aktienfonds ihre jeweilige Benchmark nicht übertreffen. Der Prozentsatz der aktiven Fonds, die unterdurchschnittlich abschnitten, lag je nach  Fondskategorie zwischen 65% und 98 %. Also nochmal im Klartext: 87 % der aktiven Fonds lagen unter dem, was der europäische Aktienmarkt (S&P Europe 350) ihnen in diesem Jahrzehnt ohnehin geliefert hat. Die Anleger hätten nur einen passiven Ansatz wählen müssen, der obendrein auch noch weitaus weniger Kosten verursacht hätte.

Vertrauen in die Märkte

Sind Sie bereits ein passiver Anleger, der mit kostengünstigen Indexfonds investiert ist? Wenn ja, gut für Sie! Ihr unerschütterliches Vertrauen in die Märkte hat Sie belohnt. Vielleicht lesen aber auch einige aktive Strategen diese Zeilen und fragen sich derzeit, wann die Märkte stabil genug oder aussichtsreich erscheinen, um wieder einzusteigen. Tragisch ist, dass aktive Investoren wahrscheinlich auch in 2019 zusätzliche Gebühren für das “Privileg” gezahlt haben, die Jahresrenditen des letzten Jahres zu verpassen und schlechter dazustehen, als der Markt. Zum Glück ist es nie zu spät, die Spur zu wechseln. Die Wahrheit ist, dass sich die kurzfristigen Marktaussichten meistens instabil anfühlen; wir wissen in unserer Erregungsgesellschaft naturgemäß nie, was der nächste Monat oder das kommende Jahr bringen wird. Aber langfristig sieht die Zukunft für Investitionen in den Aktienmarkt solide aus. Falls Sie immer noch versuchen sollten, mit einem aktiven Ansatz den Markt zu schlagen, kann die Lektüre des SPIVA-Berichts zu einem Wendepunkt für Sie werden.

 

Kernaussage

„Aktiv vs. Passiv“ – welche Strategie ist für Anleger besser? Zum 100. Male: Es ist seit Jahrzehnten geklärt,  dass aktive Anlagestrategien spekulative Elemente haben und sich nur im Ausnahmefall lohnen. Der SPIVA-Bericht zeigt es schonungslos: Anleger, die mit einem aktiven Ansatz Vermögen erfolgreich halten oder mehren wollen, verlieren nicht jede Schlacht aber den Krieg.  

Dietrich Preuß

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