Wir nutzen Modelle, um Fragen wie diese zu beantworten. Mit ihrer Hilfe gewinnen wir Erkenntnisse, die uns bei der Entscheidungsfindung helfen. Naturgemäß stellen Modelle die Realität jedoch nur vereinfacht und unvollständig dar.

 

In der Investmentbranche sind Faktormodelle regelmäßig Gegenstand von Diskussionen. Entsprechende Systeme werden oft als Smart-Beta-Strategien vermarktet und basieren auf Basismodellen, deren Einschränkungen viele Anleger in der Regel nicht klar sind.

Lassen Sie uns Modelle anhand eines Beispiels aus dem täglichen Leben überprüfen: die Wettervorhersage. Der Meteorologe stellt mithilfe von Daten über aktuelle und vergangene Witterungsbedingungen verschiedene Vermutungen an und versucht, das künftige Wetter vorherzusagen. Dieses Modell kann Ihnen beispielsweise die Entscheidung erleichtern, ob Sie besser einen Regenschirm mitnehmen sollten. Doch jeder, der schon einmal ohne Regenschirm von einem Regenschauer überrascht wurde, weiß, dass die Realität von der modellbasierten Vorhersage oftmals abweicht.

Im Anlagemanagement werden Modelle eingesetzt, um Erkenntnisse über zukünftige Anlagescheidungen zu gewinnen und Finanzexperten suchen häufig nach neuen Modellen, um Antworten auf Fragen wie beispielsweise „Welche Faktoren beeinflussen Renditen?“ zu finden. Diese Modelle werden oft als komplex und hoch entwickelt angepriesen und setzen Debatten darüber in Gang, wer das bessere Modell hat. Bei der Bewertung von Investmentstrategien kann ein Anleger profitieren, wenn er erkennt, dass die Realität der Märkte – oder die der Wettervorhersage – niemals vollständig durch ein Modell erklärt werden kann. Anleger sollten daher misstrauisch werden, wenn ein Investmentansatz nur auf dem Vertrauen in ein einziges Modell basiert.

 

Vorsicht bei der Beurteilung vom Modellen

Genau wie die Wettervorhersage sind Investmentmodelle von verschiedenen Daten abhängig. Anstelle von Parametern wie Luftdruck oder Windbedingungen nutzen Investmentmodelle Variablen, wie die zu erwartende Rendite oder die Volatilität verschiedener Wertpapiere. Ein Investmentmodell kann unter Verwendung solcher Daten beispielsweise eine „optimale“ Kombination an Wertpapieren empfehlen. Als Grundlage dafür werden die zu erwartenden Interaktionen zwischen den Merkmalen der einzelnen Wertpapiere im Zeitverlauf vorhergesagt. Die Nutzer von solchen Prognosen sollten jedoch vorsichtig sein. Das Sprichwort „Garbage in, Garbage out“ – die Eingabe schlechter Daten produziert ebenso schlechte Ergebnisse – gilt auch für  die in Modellen verwendeten Daten. Oder anders ausgedrückt: Ein Modell kann nur so gut sein, wie seine Datengrundlage. Fehlerhafte Annahmen können zu fehlerhaften Empfehlungen führen. Sogar mit einer soliden Grundannahme, kann ein Nutzer, der zu viel Vertrauen in naturgemäß unsichere Daten setzt, immer noch extremen Folgen ausgesetzt sein.

Angesichts dieser Beschränkungen glauben wir an die finanzwissenschaftliche Forschung, die vom Nutzer Scharfsinnigkeit und ein klares Bewusstsein über die damit verbundenen Einschränkungen abverlangt, um zu ermitteln, wann und wie die Modelle geschickt eingesetzt werden können. Kein Modell ist eine perfekte Abbildung der Realität. Die Frage ist nicht „Ist das Modell richtig oder falsch?“, sondern vielmehr „Wie kann mir dieses Modell zu einem besseren Verständnis verhelfen?“ und „Wo könnten die Schwächen des Modells liegen?”

Für die Bewertung eines Investmentansatzes ist der erste wichtige Schritt, nachzuvollziehen, inwiefern die Ideen eines Modells effektiv getestet und unter realen Bedingungen implementiert werden kann. Anleger, die für die Modellbewertung und Auswahl einen Manager engagiert, setzen ein hohes Maß an Vertrauen in diesen. Dies gilt insbesondere bei schwer verständlichen und komplexen Ansätzen, wie zum Beispiel aktiven oder komplexen quantitativen Strategien. Bei Ansätzen, wie zum Beispiel traditionelle Indexfonds, ist aufgrund ihrer Transparenz hingegen nur ein geringes Maß an Vertrauen erforderlich da die Modelle in der Regel sehr einfach konzipiert sind und Anleger leicht bewerten können, ob das Ergebnis denen des Index entspricht.

Anleger sollten verstehen, wie Anlagemanager Modelle einsetzen. Laut des Nobelpreisträgers Robert Merton erfolgt die erfolgreiche Anwendung eines Modells schließlich durch „10% Inspiration und 90% Transpiration“. Mit anderen Worten: Ein gutes Modell ist erst der Anfang. Die eigentliche Herausforderung für den Erfolg eines Modells besteht darin, es effektiv zu implementieren und kontinuierlich dafür zu sorgen, dass es auch funktioniert.

 

Kernaussage

Letztlich ist für den Erfolg eines Modells entscheidend, ihm nicht blind zu folgen, sondern es in vernünftiger Weise als Orientierungshilfe für Anlageentscheidungen zu nutzen. Wenn Anleger sich nicht vom großen Wirbel um die „neuesten und großartigsten“ Anlageprodukte beeindrucken lassen, sondern einen Ansatz folgen, der auf vernünftiger Beurteilung und durchdachter Implementierung beruht, steigen die Chancen auf eine positive Investmenterfahrung.

Nikolaus Reeder

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