18. Jan 2021, Sebastian Pass, Vermögensanlage
Regelmäßiges Umschichten des Depots hat System. Dabei geht es leider meistens nicht um die Verbesserung der Anlegersituation, sondern um zusätzliche Provision für den Berater. Im Folgenden schauen wir uns den dieses sogenannte „Churning“ genauer an.
Der Begriff „Churning“ kommt ursprünglich aus der Butterherstellung und beschreibt das Abschöpfen der Rahm, bis keine Milch mehr übrig bleibt. Analog dazu hat sich der Begriff im Finanzbereich als „Provisionsschneiderei“ etabliert. Statt der Rahm wird hier jedoch durch häufiges Umschichten des Depots ein größtmögliches Provisionsaufkommen generiert, um das Kapital des Anlegers zu schröpfen.
„Churining“ kann in unterschiedlichen Arten auftreten. Bei Provisions-„Beratern“, wie es bei den meisten Bankberatern und Strukturvertrieben der Fall ist, verdienen die jeweiligen Berater durch den Verkauf von Fondsanteilen eine Provision. Diese besteht im Ausgabeaufschlag, eine Art Abschlussprovision, in Höhe von regelmäßig 5% der Anlagesumme. Diese Abschlussprovision ist im Verhältnis zur laufenden Bestandsprovision sehr hoch. Der „Berater“ hat also ein Interesse daran, möglichst häufig einen neuen Fonds zu verkaufen.
Um die regelmäßige Umschichtung der Fonds zu rechtfertigen, werden in der Praxis häufig Fonds empfohlen, die aktuellen Trendthemen, wie etwa vor der Dotcom-Blase „Technologie“, folgen. Diese Fonds laufen von Natur aus nicht mehr so gut, wenn dieser Trend nach 2-3 Jahren abebbt. Höchste Zeit für den „Berater“ dem Anleger ein neues Trendthema schmackhaft zu machen und einen entsprechenden Fonds zu vermitteln.
Wirklich belastbare Aussagekraft über Fonds können erst bei der Betrachtung über längere Zeiträume getroffen werden. Leider liegt der Fokus in der Beratung häufig bei 3-Jahreszeiträumen, oder sogar noch weniger. Doch je kürzer der Betrachtungszeitraum, desto zufälliger ist die Performance eines Fonds. Auch Warren Buffet hat mal schlechte Jahre dabei. Diese kurzfristige Betrachtung spielt dem „Churning“ aber in die Hände, denn es gibt immer einen Fonds, der kurzfristig weit besser abschneidet, als die bestehenden Fonds im Depot des Anlegers. Eine Betrachtung von 10 Jahren oder mehr ist empfehlenswert.
Viele Beratungsanbieter wollen mit Ihrem System der Fondsauswahl überzeugen, das immer nur die Besten Fonds auswählt. Hinter einem komplex anmutenden Kriterienkatalog ist doch meistens die Performance maßgeblich. Doch auch hier lohnt sich ein genauerer Blick, denn häufig sind auch hier die betrachteten Zeiträume für die Beurteilung der Performance 3 Jahre oder weniger. Tragisch daran ist, dass Fonds, die in einer Zeitperiode, hier etwa die 3 Jahre, eine besonders gute Performance zeigen, mit höherer Wahrscheinlichkeit in der folgenden Zeitperiode zu den unterdurchschnittlich Performern gehören. Zumindest aber ist kein kausaler Zusammenhang zwischen guter Performance in einer Zeitperiode in Hinblick auf gute Performance in einer zukünftigen Zeitperiode erkennbar. Da ist die Studienlage eindeutig. Der einzig kausale Zusammenhang zwischen guter Performance in zwei aufeinanderfolgenden Zeitperioden lässt sich in niedrigen Kosten des Anlageproduktes erkennen. Aufgrund dieser kurzfristigen Auslegung der Auswahlkriterien ist ein häufiger Wechsel in der „Best Select“-Liste gegeben und führt in der Beratung zu entsprechenden Umschichtungen zu Lasten des Anlegers.
Wer glaubt bei einer Vermögensverwaltung davor gefeit zu sein, der hat sich leider getäuscht. Zwar werden regelmäßig bei Fondsvermögensverwaltungen die Provisionen an den Anleger ausgekehrt, doch insbesondere wenn der Vermögensverwalter und die Depotbank miteinander eng verbunden sind, können durch das häufige Umschichten von Wertpapieren innerhalb des Vermögensverwaltungsmandates die Transaktionskosten massiv erhöht werden. Von diesen Transaktionen können etwa Depotbanken und andere Akteure profitieren.
Wie oben dargestellt gibt es eine große Bandbreite an provisionsfördernden Maßnahmen. Wo das strafbare „Churning“ anfängt und welche Maßnahmen noch objektiv begründbar sind, ist insbesondere für Anleger ohne tiefes Detailwissen nicht einfach zu unterscheiden. Auch gibt es noch einen Unterschied zwischen strafbarem „Churning“ und erlaubter, aber dennoch für den Anleger schädlichen, Provisionsschneiderei.
Wer einen guten Berater hat, der brauch sich um solche Praktiken keine Sorgen machen und hat ein wissenschaftlich fundiertes Portfolio, das die meisten vorgeschobenen Umschichtungsgründe obsolet werden lässt.
Wer einen Bank- oder Finanzberater hat, der regelmäßig die Depotstruktur anpassen möchte, der sollte hellhörig werden, denn häufig dienen entsprechende Umschichtungen eher dem „Berater“ als dem Anleger. Eine Überprüfung des Portfolios durch einen anderen Berater, der auf Honorarbasis arbeitet, kann Klarheit schaffen.