Der Immobilienmarkt ist in Bewegung, zumindest die kurz- bis mittelfristigen Tendenzen erscheinen unklar. Investoren sollten daher einige wesentliche Parameter bei ihren Engagements beachten und die aktuelle Zeit nutzen, ihre Portfolios genau zu analysieren und die richtigen Schritte dafür zu ergreifen, sich für die Zukunft abzusichern.

 

Die Preise auf dem Immobilienmarkt kannten über viele Jahre nur eine Richtung, und zwar nach oben. Vielfach warf dies schon die Sorge vor einer Blase auf – denn die Multiplikatoren auf die Jahresnettomiete wuchsen derart, dass die Renditen in guten Lagen sich mehr und mehr im sehr niedrigen einstelligen Bereich einpendelten. Doch dann kam die Corona-Pandemie und mit ihr die massiven Verwerfungen an den Kapitalmärkten und in der Realwirtschaft, die die Staaten weltweit noch einige Zeit beschäftigen werden.

Und in dem Zuge sah es zunächst in zahlreichen Analysen so aus, als sei der Immobilienmarkt nachhaltig gestört. Vom „Platzen der Blase“ und spürbaren, unmittelbaren Preisrückgängen war die Rede. So schrieb das Empirica Institut über die mittelfristigen Folgen der Corona-Pandemie in einer Studie: „Insgesamt rechnen wir in den kommenden Monaten mit einer Delle bei den Kaufpreisen, die bei minus zehn Prozent bis minus 25 Prozent liegen dürfte.“ In einer Untersuchung der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) vom 31. März heißt es entsprechend: „Angesichts der Schärfe der zu erwartenden Rezession gehen wir davon aus, dass der Aufschwung am deutschen Immobilienmarkt beendet ist.“

 

Lässt Corona-Krise den Immobilien-Boom zusammenbrechen?

Das schienen aber nur Momentaufnahmen zu sein. Denn mittlerweile hat sich die Einschätzung geändert. Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln stellt heraus: „Immobilienbesitzer müssen sich keine Sorgen machen.“ Die Studie ermittelt anhand finanzmathematischer Formeln und Analysen, inwiefern die aktuelle Krise die Preise beeinflussen wird und falls ja, über welche Periode hinweg mit Preisbewegungen gerechnet werden muss. Insgesamt kommen die Autoren der IW-Studie zu dem Ergebnis, dass die Corona-Krise den Immobilien-Boom nicht zusammenbrechen lasse, sondern lediglich zu einer Schwächung des Marktes beigetragen habe. Insgesamt heißt es, dass sich dieser nach überstandener Krise wieder erholen werde. Schließlich werde der deutsche Immobilienmarkt nicht durch eine überoptimistische Blase angetrieben, sondern durch natürliche Wirtschaftsmechanismen.

 

Wohnungspreise legen im bundesweiten Durchschnitt zu

Eine tendenziell positive Haltung verbreitet in dem Zusammenhang auch die Untersuchung des Hamburger Immobilienforschungs- und Analyseunternehmens F+B, inwiefern Corona die Wohnungspreise beeinflusst. Danach legten die Wohnungspreise im bundesweiten Durchschnitt im ersten Quartal 2020 um 2,6 Indexpunkte zu und stiegen um knapp 100 Euro pro Quadratmeter im Monat an. Das Wohnungsangebot bei Eigentumswohnungen war während des Shutdowns stark zurückgegangen, in der Spitze von bis zu 100 Prozent.

Heißt das, es bestehen doch keine Sorgen für den Immobilienmarkt? Eine Antwort zumindest mit kurzfristiger Sicht wäre Kaffeesatzleserei. Es ist aber davon auszugehen, dass Immobilien langfristig ihre Attraktivität für Anleger erhalten werden – doch diese Perspektive ist mit vielen Fragezeichen verbunden. Investoren sollten daher einige wesentliche Parameter bei ihren Engagements beachten und die aktuelle Zeit nutzen, ihre Portfolios genau zu analysieren und die richtigen Schritte dafür zu ergreifen, sich für die Zukunft abzusichern.

 

Klumpenrisiken können zu erheblichen Schäden führen

In der Praxis fallen regelmäßig ähnliche Schwierigkeiten bei der Allokation auf. Ein Stichwort sind die Klumpenrisiken. In 99,9 Prozent aller Fälle haben Anleger ihre Immobilien an nur einem oder wenigen eng bei einander liegenden Standorten innerhalb Deutschlands und unterliegen damit dem Risiko, von außerordentlichen Ereignissen voll getroffen zu werden. Das können regionale Konjunkturschwankungen sein oder auch schwerwiegende Situationen wie Kernschmelze in einem Atomkraftwerk in Belgien oder Frankreich oder ein Erdbeben. Das kann ein räumlich eingeschränktes Immobilienportfolio kaum verkraften – der wirtschaftliche Schaden ist damit vorprogrammiert und lässt sich auch kaum mehr ausgleichen.

Ebenso steigt durch die derzeitige Situation das Risiko einer Zwangshypothek zur Refinanzierung des Staates. Darunter versteht man eine Sicherungshypothek, die im Rahmen der Zwangsvollstreckung auf Antrag eines Gläubigers von Amts wegen in das Grundbuch des Schuldners eingetragen wird. In der Vergangenheit nutzten auch Staaten dieses Mittel, um Immobilienbesitzer an den Folgen von Wirtschaftskrisen oder Kriegen zu beteiligen.

 

Schnellstmöglich Verbindlichkeiten reduzieren

Apropos Hypothek: Viele Anleger haben ihre Immobilieninvestments sehr stark gehebelt, also mit einem sehr hohen Anteil an Fremdkapital finanziert. Die Quoten bewegen sich oftmals zwischen 90 und 100 Prozent. Das kann aber ungesund sein, wenn beispielsweise aufgrund einer Krise Mieten ausfallen, diese laufenden Einnahmen aber dringend für Zinszahlungen und Tilgungsleistungen benötigt werden. Es sollte also darum gehen, schnellstmöglich die Verbindlichkeiten zu reduzieren. Das ist natürlich über Teil- oder Komplettverkäufe von Immobilien möglich. Das reduziert auch das Klumpenrisiko, hat also doppelte Vorteile.

Das weitere freie Kapital kann dann dafür eingesetzt werden, andere inflationsgeschützte Sachwerte zu realisieren und die Diversifikation in andere Anlageklassen spürbar zu erhöhen. Im Fokus stehen Aktien und Edelmetalle, aber bei günstigen Gelegenheiten auch Beteiligungen an Immobilien im Ausland. Gerade für Immobilien-Fans ist dies interessant, um die Diversifikation innerhalb der Anlageklasse Immobilien deutlich zu verbreitern. Schließlich geht es nicht darum, Immobilien generell aus dem Depot zu verbannen. Sondern darum, sinnvolle Strukturen zu finden und das Vermögen dauerhaft abzusichern und langfristig positiv zu entwickeln. Und dabei kann es eben nötig sein, die bisherige Immobilienstrategie zu überdenken und neue Wege zu finden.

 

Fazit

Auch für Immobilien gelten die Grundsätze für erfolgreiches Investieren: Diversifikation über Anlageklassen und Regionen, um Risiken zu minimieren und die erwartete Rendite zu maximieren.

Nikolaus Reeder

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