Wenn es um das Geldanlegen geht, ist es wie bei anderen Dingen im Leben, die man gut machen möchte, hilfreich zu wissen, wie man es richtig anpackt. In diesem Fall ist es wichtig zu verstehen, wie der „Kapitalmarkt” funktioniert.

 

Wie verwirklicht man den Traum eines jeden Anlegers, bei niedrigen Kursen zu kaufen und bei hohen Kursen zu verkaufen, wenn man sich inmitten einer Menge von sehr erfahrenen und hervorragend ausgebildeten Akteuren befindet? Die Antwort ist, mit und nicht gegen die Menge zu agieren und zu verstehen, wie die Preise im Markt gebildet werden.

Eigentlich ist “der Markt” nicht ein Markt, sondern besteht aus vielen Märkten. In Deutschland und auf der ganzen Welt gibt es Märkte für den Handel mit Aktien, Anleihen, Branchen, Rohstoffen, Immobilien und noch viel mehr. Zunächst können Sie sich diese Märkte als einen einzigen Ort vorstellen, an dem Händler miteinander konkurrieren, um bei niedrigen Kursen zu kaufen und bei hohen Kursen zu verkaufen. Zugegeben, dieser “einzige Ort” ist riesengroß, mit einer unvorstellbaren Menge an Akteuren, die jeden Tag persönlich und gemeinsam dabei helfen, faire Preise festzusetzen. Und an diesem Punkt wird es interessant, denn der Markt ermöglicht einen höchst effektiven Wettbewerb zwischen den vielen Marktteilnehmern und aggregiert eine Vielzahl von verstreuten Informationen. Bei einem Tagesdurchschnitt von 60 Millionen Transaktionen mit einem Volumen von 250 Milliarden Euro an den 50 größten Börsen im Jahr 2014 (Quelle: World Federation of Exchanges) führen diese Informationen zu einer effizienten und fairen Preisbildung.

Aus der Nähe betrachtet wirkt dieser Markt mit seinen ganzen Transaktionen chaotisch und unvorhersehbar. Aber langfristig unterliegt auch er einer Reihe von wichtigen Gesetzmäßigkeiten und die Wissenschaft hat herausgefunden, dass dieser Markt letzten Endes doch nicht so willkürlich ist, wie er scheint.

Eine dieser Gesetzmäßigkeiten ist die Schwarmintelligenz. Dieser Begriff bezieht sich auf die Beobachtung, dass Gruppen, zumindest bei Sachfragen, durchweg zu genaueren Antworten kommen, als selbst die intelligentesten Einzelpersonen in Gruppen … unter einem Vorbehalt: jeder Teilnehmer muss frei sein, eigenständige Gedanken zu entwickeln, sowie es in unseren freien Märkten der Fall ist. Ansonsten kann die Gruppendynamik das Ergebnis verzerren.

Bevor die Schwarmintelligenz entdeckt wurde, ging man davon aus, dass der beste Weg, um in einem – anscheinend unrationellem – Markt Geld zu verdienen, darin bestand, zukünftige Kurse und den zukünftigen Handel besser als andere Investoren vorherzusehen. Interessanterweise geht die Masse der Anleger aber noch immer davon aus, dass diese veraltete Strategie funktioniert.

Dabei zeigt eine einfache Untersuchung mit Hilfe einer Schüssel mit Gummibärchen, weshalb dieser Ansatz fehlerhaft ist. In einem Experiment mussten 56 Studenten raten, wieviele Gummibärchen sich in einer Glasschüssel mit 850 Gummibärchen befinden. DieVermutung der Gruppe – d.h., der aggregierte Durchschnitt der Vermutungen der einzelnen Studenten – kam dem Wert mit 871 recht nahe. In diesem Experiment schnitt nur ein Student besser ab. Ähnlich strukturierte Experimente wurden unter verschiedenen Bedingungen wiederholt und immer wieder gehörte der Gruppenkonsens zu dem genauestenErgebnis.

Wenn wir die Erkenntnisse der Schwarmintelligenz auf die Vielzahl der täglichen Handelsgeschäfte übertragen, bedeutet dies, dass jedes Geschäft zu einem Preis abgeschlossen wird, der mehr oder weniger deutlich von dem „fairen“ Preis entfernt ist. Dabei basieren diese einzelnen Transaktionen auf unterschiedlichen Annahmen und Kenntnissen von Intelligenten und Dummen, Glückspilzen und Pechvögeln. Durch die Interaktion all dieser Marktteilnehmer bildet sich ein „fairer“ Preis heraus. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass die derzeit vom Markt fest gesetzten Kurse die beste Grundlage für die nächsten Börsentransaktionen darstellen.

 

Kernaussage

Das Verstehen der Schwarmintelligenz und ihre Steuerungswirkung auf die effiziente Preisbildung am Markt, ist der erste Schritt, um an den hochliquiden Kapitalmärkten bei niedrigen Kursen zu kaufen und bei hohen zu verkaufen. Anstatt der wissenschaftlich widerlegten Meinung nachzuhängen, dass Sie die kollektive Intelligenz der Märkte regelmäßig überlisten können, tun Sie gut daran zu akzeptieren, dass der Markt bei der Vorhersage von Kursen besser ist als Sie. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, die vom Markt gebotenen Erträge möglichst effizient einzusammeln.

Nikolaus Reeder

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